Samstag, 28. Dezember 2002

  Das Wort,
der Satz,
die Sprache,
zerstückeln das Sein.

Der Lehrer tadelt den Schüler:
"Warum hast Du nicht getan, was ich gesagt habe?"
Der Schüler:
"Gesagt ist nicht gehört.
Gehört ist nicht zugehört.
Zugehört ist nicht verstanden.
Verstanden ist nicht einverstanden.
Einverstanden ist nicht getan."

Worte machen Wirklichkeit,
verzerrbilden Realität,
gaukeln Wahrheit.
Das Knistern beim Aufschlagen der ersten Seite,
die Schwere und Rauheit des Papiers,
der Geruch aus dem Inneren
des Buches,
haben mehr Wahrheit
als alle seine Worte.
 

  Es zieht.
Ob das daran liegt, dass die Tuer, neben der ich sitze,
offen ist?
Nein, denn da ist ja gar keine Tuer.
0,84 cm rechts neben mir ist ein 1,5x1,5 m
grosses Loch, und hinter diesem Loch nur Luft.
Sehr viel Luft.
Duenner werdende Luft,
mit jedem Hoehenmeter, den das kleine Flugzeug
weiter in den Himmel steigt.
Sicherheitsgurte?!?
Und dann sagen wir den Wolken Hallo,
und ich verabschiede mich von dem kleinen Flugzeug,
um allein weiter zu fliegen.
 

 Es summelt.

Die Menge einer weit entfernt geborenen Idee
spielt mit dem Kathodenstrahl, der
zu zwei Dritteln der Nichtschlafzeit
meine Wirklichkeit auf ein Stück Glas -
fast quadratisch, kühl - malt.
Unerwartet
ein Ton
ein leiser, mittelhoher, klarer Ton.
Die links und rechts vorne,
links und rechts hinten
und unten
aufgestellten Stromschallwandler
sind abgeschaltet.
Der Ton kommt
unbeirrt
aus dem Stück Glas.
Neue URL.
Wieder ein Ton,
höher, fast schrill, etwas begehrend.
Neue URL.
Tiefes Summen. Erhabenheit. Alter.
Weiter.
Diesmal Stille.
Nein, leises,
behutsames Singen,
wie ein fernes Geradenochsein.
Welten
überall.
 

  FM4 - o Gott, das erinnert an eine mindestens sieben Jahre zurück liegende Geschichte, nicht mit, sondern in Bezug auf die mittlerweile bei FM4 wirkende Eva Umbauer - damals noch im ö3-Nachtprogramm mit einer sehr bemerkenswerten Moderation aktiv. Also, der Punkt war, dass die dargebotene Musik durchaus sehr brauchbar war, aber keine Chance hatte gegen die glücklicherweise ergiebigen Passagen dazwischen, bestimmt von Evas Stimme.
Eine Stimme, der man in hypnotischer Faszination lauscht, egal was sie gerade erzählt und welcher Sprache sie sich bedient. Und irgendwann wird dann mangels damaliger Internetverfügbarkeit im Telefonbuch recherchiert - gegen Mitternacht - und tatsächlich Telefonnummer und Adresse gefunden. Und dann doch tatsächlich das Motorrad gestartet, der Helm aufgesetzt und dort hingefahren - kurz nach Mitternacht. Und dann ist auch noch das eigentlich Sprechanlagen-gesicherte Haustor zufällig nur angelehnt, und es wird geöffnet und die Stiegen bis zum passenden Stockwerk hinaufgegangen.
Und dann wird vor der Wohnungstür gestanden, und,
gerade noch rechtzeitig,
aufgewacht aus der Stimmen-Hypnose,
und wie ein geweckter Schlafwandler
eilends der Heimweg angetreten.
Gibt es moderne Sirenen?
Und bis heute kein Bild gesehen
von der Stimme.

 

 Und wieder Schnee

Nachdem die Flockenwesen
vor ein paar Tagen
das Innere des Vierradblechfonds
durch die wischerverschonte Scheibe
in Augenschein genommen,
und mich solcherart besucht hatten,
beschloss ich nun,
Samstags,
das Innere des rosa Flügelblechs
zu verlassen, und
himmeltauchend,
die freundliche Einladung der Flockenwesen
anzunehmen,
sie bei ihrer Wolkenmutter
zu besuchen.
Tausendfaches Umschwirren
und Beströmen
und Flockenliebkosen.
Schwebend getragen
von fliegenden Eiskristallen.
Wolken sind gute Gastgeber.
 

  Nein, nicht nur falsch gerochener Hohn,
auch noch fehlgeleitete Unterstützung
desselben.
O Schreck, das tut Schmerz.
Ein wortgewaltiger Disput Lem vs. Brunner
wär natürlich schon recht spannend,
nur machen sie uns wohl die Freude nicht
und es ist hier auch nicht so ganz
der Platz dazu.
Lem als mittelmäßigen SF-Schreiber zu bezeichnen,
mag durchgehen,
aber es dürfte schwer sein, einen intelligenteren
und witzreicheren Autor zu finden, der sich
intensiv mit der SF-Problematik
auseinander gesetzt hat.
Lems Kyberiade gilt zu Recht als unübertroffene
Sammlung gesellschaftskritischer Parabeln,
deren Schlagkraft allerdings erst dann
voll zur Geltung kommt, wenn man
Entstehungszeit-, Ort und politischen
Hintergrund dieses Geniestreichs kennt.
Ergo: Wer höhnen will, der soll,
aber nicht mit Trurls Worten.
Ach ja, und der Schockwellenreiter.
Wenn man die Mainstreamer-
Fließbandromane von Brunner kennt,
fällt es schwer zu glauben, dass
der obige Geniestreich aus seiner Feder stammt.
Den unglaublichen Weitblick, den Brunner
mit dieser Story bereits 1975 bewiesen hat,
kann man eigentlich nur erklären, indem
wir davon ausgehen, dass ihm der gute
Wells seine Zeitmaschine geborgt hat.
Schockwellenreiter - zweifellos das
treffendste aller Web-Pseudonyme -
nur leider schon vergeben...
 

 Pazifistenselbstzweifel

Wie bleibt man als Anti-Militarist glaubwürdig?
Zum Beispiel, indem man den Zivildienst wählt.
Bei Militärparaden an Gegendemos teilnimmt.
Keinen Fernseher von Thomson kauft,
weil der Multimilliarden mit Waffentechnik macht.
Sein Kreuzerl beim Abfangjäger-Volksbegehren macht.

Und:
Die freundliche Einladung freundlicher
tunesischer Militärs,
im nächsten Februar
deren viermotorige Großraum-Flieger
und riesige Transporthubschrauber
mitsamt deren Kerosin
zum Fallschirmspringen zu benutzen,
dankend, aber bestimmt ablehnen.

Hart, aber interessant, zu erkennen,
wo die persönlichen Grenzen sind.
 

  Nicht einmal 70.


Kilometer.
In einer endlosen Stunde.
Wenn sich die Außenwelt auf wenige Meter
jenseits einer wischerliebkosten Scheibe beschränkt,
weil der diesseits der Scheibe liegende Fond
des durch das Dunkel taumelnden Vierradblechs
längst zu einem wesentlichen Teil
der Innenwelt geworden ist,
dann spielt der Geist
purzelbäumige Gedanken.
Die wie aus einem sich ständig nähernden
und doch unerreichbaren, winzigen Tunnel
auf mich zuströmenden Schneeflocken -
es könnten schon ein paar Tausend
in jeder einzelnen Sekunde sein -
werden,
kaum, dass sie der Aufsicht
ihrer Wolkenmutter entkommen sind
und ein paar tanzende Freifallminuten
genießen durften,
von den unbarmherzigen Wischern
meiner Scheibe daran gehindert,
meinen Unmut durch Verdeckung
des letzten bisschen Außenwelt


zu erwecken,
indem sie einfach so
aus ihrer Existenz gewischt werden.
6000.
Mehr als sechstausend verschiedene Formen,
also Individuen, von Schneeflocken gibt es.
Und alle werden sie weggewischt.
Einfach so.
Ich drehe die Wischer ab.
Und bewundere die Flockenwesen.
In der Dunkelheit.

 

  160.
Kilometer.
In nur einer Stunde.
Graue Asphalthorizontansicht
im Leitplankenkäfig zwischen
zwei grauen Städten
unter grauem Himmel
auf einem fahrenden Polster
hinter grauem Blech.
Schnee
weit draußen,
wo die Hügelhäupter


den Himmel berühren.
Wie es wohl ist,
zu sein
dort ganz ganz hinten
an dieser dünnen Linie
wo die obersten Eiskristalle
der fernen Schneedecke
gerade noch der
dahinter liegenden
Unendlichkeit entkommen.


Das Brummen an meinem
Herz ist nicht Emotion,
sondern der Vibracall
meines kleinen roten
Elektromagnetismus-
Umsichwerfers, der aus
dem Dunkel seines
Hemdtaschenrefugiums
nach Aufmerksamkeit ruft.
Und es ist Freude.
Denn es ist die Marion,
die verkündet, samt Mann
mit zum
Hinunterhineintauchenfliegen
aus dem rosa Flugzeug
nach Zell am See zu kommen.
Viele bunte Schirme
unter dem gnädigen Blick
des Großen Glockners.
Gut.
Sehr sehr gut.


 

 Introduktionierung

Was, ihr Bleichlinge kennt Trurl nicht?
Es scheint, als wäre einer der
biospezifischen Schaltkreise meines
Holophasenlokalisators abermals zum
Opfer dieser tückehaften
elektrischen Mäuse geworden, die da
seit Wochen bis in die
ölverschmiertesten Winkel meiner
Kyber-Werkstatt vordringen, um dort
ihr kurzschlussdräuendes Unwerk
zu verrichten.
So kann es denn geschehen sein,
dass ich auf meinen ungezählten
Reisen durch die kosmischen Tiefen,
Höhen und Breiten ausgerechnet den
Euren Planeten überlichtschnell
passiert habe
und niemand von der Existenz des
gewaltigsten aller Kyber-Konstrukteure
erfahren hat.
Doch kann der Intellekt einer
Lebensform, die aus weichbleicher,
qualliger Substanz besteht,
und ihre Kapazitäten auflädt, indem


sie sich allerlei einst Lebendiges über
eine seltsam geformte Körperöffnung
einverleibt - anstatt sich wie
vernünftige Leute an schwirrenden
Elektronen und schmierenden Ölen
zu erquicken -
kann eine solche Lebensform denn
überhaupt erfassen, was es bedeutet,
etwa eine Maschine zu konstruieren,
deren hohe Aufgabe darin besteht, alles
erschaffen zu können, was mit dem
Buchstaben ?n? beginnt?
Unwissenheit schützt vor Trurl nicht,
weshalb er seine unversiegbare
quantencomputergesteuerte
Identitäten-Pluralität
nunmehr
den Innenwelten
der Wortwerkstättler
anzuvertrauen gedenkt.
 

... Link


 ZEIT

Der mit dem Westhorizont verschmelzende Gasball
klopft der von feinsinniger Stille durchdrungenen Landschaft
auf die Schulter
und gewährt dem Fluss der Zeit einen Aufschub.
Plötzlich endet das Ticken des Sekundenzeigers
und weicht einem Kontinuum aus Unvergänglichkeit,
das kein Vorher und Nachher kennt.
In dieser Einheit vergeht die rote Sonne im Dunkelgrau des Horizonts
und nimmt die Zeit mit in das Vergessen der Unterwelt.
Gefangen von diesem fortwährenden Augenblick
besteigen wir das Flugzeug
und streben zu einem Himmel, der noch überlegt,
wie viele Farben er für uns bereit halten wird.

Und dann beginnt die Zeit wieder zu fließen,
rückwärts,
denn die Sonne steigt glutrot
aus ihrem dunkelgrauen Grab,
entflieht dem Abgrund des Westens
und strebt zurück zur Helle des Südens.
Erst halb der Dunkelheit entflohen,
verharrt sie
und taucht die Welt in Rotviolett.


Dort, wo das Nachtblau des Himmels
mit dem Rot der halb wieder aufgegangenen Sonne verschmilzt,
liegt ein Streifen aus nicht nennbarer Farbe
und schenkt dem Blick eine Ahnung von Unendlichkeit.
Dies vor Augen verlassen wir das Flugzeug
und lassen uns tragen von einer Welt
aus Licht, Luft und wieder fließender Zeit.



 

  Die verchromte Lenkstange des Motorrades,
mit dem ich gerade die Luft zerteile,
wird von zwei metallischen Klammern fixiert,
die an ihrer Oberseite je zwei Schrauben
besitzen, damit man den Lenker,
so man seiner überdrüssig werden sollte,
demontieren kann.
Um die glatte Einheit der Klammern
nicht mit der stumpfen Kantigkeit
der Schrauben zu stören,
wird jede einzelne mit einer kleinen,
leicht konvexen, gleichfalls verchromten
und von irgend jemandem liebevoll
polierten Abdeckung davor bewahrt,
den Unmut des Betrachters zu wecken.
In diesen Abdeckungen spiegelt sich nun
eine Wolke.
Klein, weiß, fern und umrahmt vom Blau
des sie tragenden Himmels,
multipliziert sie die Größe der mir
bewussten Welt nicht nur mit dem von ihr
eingenommenen Volumen, sondern mit
der Mächtigkeit all der Luft,
in der zu schweben sie die Freiheit hat.
Plötzlich ist dieser gesamte Raum in mir,
und ich kann ihn erfassen als wäre ich
eine mit diesem Raum gefüllte und an der
Innenseite mit Sinneszellen
besetzte Hohlkugel.
Darin herrscht Klarheit und Weite
und so viel Erfülltheit,
dass es keine Frage nach dem
Außerhalb gibt.
 

 Abendspaziergang

Die Kunst des „es trotz des Vorübergehenlassenkönnens doch erlebt zu haben“.
Der dunkelgelb beleuchtete Rand des Daches einer Tankstelle harmoniert eigenartig mit dem sanften Grauviolett des dahinter liegenden Himmels. Darunter ein rot beleuchteter Rand, der die Szene verstärkt, und sie irreal, virtuell wirken lässt.
Eine Reihe von Pflastersteinen, drei mal elf und eine halbe, links und rechts umrahmt vom Grün eines Wiesenstreifens und einigen vom Spätnachmittagsregen zu Boden gebrachten Blättern eines jungen Bergahornbaums,
führt in die „Hintergartengasse“, die ich, obwohl seit vier Jahren hier lebend, noch nie betreten habe. Eine stark befahrene Hauptstraße überquerend, blicke ich zurück und sehe die glatte Rinde einer mir unbekannten Birkenart und die schlanke Gestalt des Baumes, den sie beschützt. Ein Motorrad, dessen handbeschrifteter Drehzahlmesser „Beats per Minute“ statt „Umdrehungen pro Minute“ zeigt, gelb. Handymasten auf dem Eternitdach eines Gemeindebaus aus den Fünfzigern. Ein Garten mit einem kleinen Leiterwagenmodell, darauf drei Gartenzwerge mit grotesken Gesichtern, darunter verstreut drei weitere, die Wind und Regen ins Gras geworfen haben. Ein mitten auf dem Gehsteig vergessener regennasser Einkaufswagen.
Der Wind, viel wärmer als die herbstliche Szene erwarten ließe.
Eine Trauerweide mit einem eifrig zirpenden Singvogel darin, der verstummt, als ich mich nähere. Schlanke Äste schwingen im Takt des Windes und lange Blätter schmiegen sich in die Melodie des Abendlichts.
Letzte Regentropfen verirren sich von fernen Wolken unter das Blätterdach der Weide und verfließen langsam in der Stille des Lichts, das sie, kaum den Boden erreicht, reflektieren.
Die Frage eines Jugendlichen bricht, verwirrt, zerrückt das Empfinden und macht das Du unerwartet bewusst.
Eine Pappel, wie ein Leuchtturm aus Holz und Laub, im Wind. Zwei Pferde aus Stein, das eine mit gestrecktem Hals die Wolken fordernd, das andere mit gespreizten Beinen den Boden erforschend.
Sommerwind, stark.
Licht. Dunkles Blassrosa, durchsetzt von strukturiertem Grau, in melancholisch tiefes Blaugrau zerfließend, luftgetragen.
Innehalten.


Ein Vorrangstraßenschild direkt über einer Halteverbotstafel montiert.
Ohne Halten rasch weiter;
müssen.
Ein unbekannter Baum mit dickem Stamm, wohl 200 Jahre alt.
Sensibel, Sinne offen, hören...
Der vor einer Viertelstunde weggeworfene Kaugummi schmeckt nach.
Suche,
das Gefühl, hier etwas Besonderes finden zu können.
Die zentimetergroßen Regentropfen am Boden erinnern an die Geschichte eines alten Astronomieprofessors, der eines Tages begann, auf Fotografien des Nachthimmels Sternenkreise zu sehen und verschiedene Theorien für ihre Erklärung entwickelte. Auch die Regentropfen bilden, wenn es nicht zu wenige, aber auch nicht zu viele sind, Tropfenkreise, und das haben die Kollegen des alten Astronomieprofessors auch gesagt, aber ihn hat das nicht gekümmert, denn hinter den Sternenkreisen, da müsse ein ganz bestimmtes, ein noch geheimes Naturgesetz stehen.
Und die Tropfenkreise verdunsten und wenden sich wieder ihrem Ursprung, den Wolken, zu.
Und wieder Wind.


 

  Der Schritt
über die nächste Stufe
erfolgt mit Schmerzen,
die, langsam anschwellend,
einem vertrauten Zyklus folgend
ihren Höhepunkt mit einem ohnmächtigen Stechen signalisieren,
um dann
allmählich nur
ihre Last wieder von mir zu nehmen.
Die innere Mechanik fordert, gleich
nachdem die Schärfe des Schmerzes verstummt ist,
den nächsten Schritt auf einem Band
ohne Ende.

 

  Gott, bin ich heute faul.
Uaaahhhhhh...
Da will also jemand, dass ich,
ja ich,
arbeite,
also Arbeit, also Kraft mal Weg
verrichte.
Erstens Kraft, und dann auch noch Weg,
und das auch noch multipliziert.
Also nein, nicht mit mir,
und schon gar nicht bei 28 Grad,
leichtem Wind und Wattewölkchen.
Vielleicht später.


Vielleicht...
 

  Das schemenhafte Abbild
einer schlanken Frauengestalt
spiegelt sich in der Verglasung
von Joan Miros "Malerei in Blau".
Die Tiefe des Bildes verlagert den Blick
in eine Art Zwischenwelt,
wo ein Teil der Besucher
des umgebenden Ausstellungsraumes
mit der Fantasie des Künstlers
und der Wirklichkeit des Betrachters
zu etwas Neuem verschmelzen.
Dort ist Stille
und Klarheit,
und alle Bewegungen gleichen
der Erhabenheit
erfüllter Träume.
Ein Punkt,
ein kleiner bunter Punkt
im undurchdringlichen Blau
lenkt den Blick aus der Zwischenwelt
zurück in den Raum
des Betrachters und lässt
die Zeit wieder fließen.
 

  Vormals schmusebedürftiger Kater,
rot,
jetzt faul.
Ich auch.



Ein sehr schmusebedürftiger Kater,
rot,
hat kein Verständnis für mein Schreibbedürfnis


und streicht seinen pelzigen Kopf abwechselnd
über meine Hände und die Tasten,
die sie zu drücken versuchen.
Das sieht dann so aus:
Dieeeeeeeeeeekkkoö,asojf, wwwwwww#
ädquuuuuuuuuuuuuu
vnkkkkkkkkkkkdddrrrrrrrrrrrrrr
ooooooooooowssssssss
 

  Yahoo-Weather forecast
für Budweis/Umgebung:
Tomorrow: Thunderstorms
Sunday: Showers
Monday: Rain
Tuesday: Rain

Grummelmurmelgrummel.
Die Eskimos kennen so an die
30 verschiedene Worte für Schnee.
Mir fallen so an die 100 für Regen ein.
Und darunter sind wenig schöne.
Murmelgrummelmurmel...



 

 Frühlingssturmnacht

Riesen schreiten auf dem Blechdach
über mir,
donnernde Traumräuber,
raubende Traumdonnerer.
Nur Wind, nein
Sturm,
unbeherrscht, warm,
alles erfüllend,
nimmt die Stadt in Besitz.
Am Fenster,
Baum, Ast und Blüte,
luftliebkost.
Ein Haus, halbfertig,
ohne Fenster und Türen,
wird zur Orgel
und singt, spricht?,
was der Sturm erzählt.
Tausend Düfte
tanzen
durch die Straßen
und
ich tanze mit.
 

  Wenn ich 65 bin.
Werde ich mich
vierhundertfünfzigmal
schuldbewusst
geärgert haben,
dass ich im Frühling
immer nur vorbeifahre;
schnell schnell
noch die nächste grüne Ampel erreichen;
nur ein ganz kurzer, hektischer,
sehnsüchtiger Blick
auf den schönsten Magnolienbaum der Welt.
Statt einfach stehen zu bleiben,
Hallo zu sagen,
zu rasten, zu sehen, zu riechen,
und ein bisschen,
ganz wenig nur,
Baum zu sein.
 

... Link


  Soeben war ich Zeuge, wie zwei Blätter eines in durchaus nennenswerter Entfernung vom geöffneten Bürofenster liegenden Geschäftsbriefes den Mut gefasst haben, eine lange, ungewöhnliche und zudem ungewisse Reise anzutreten, von der sie wahrscheinlich nicht wieder zurückkehren werden.


Die Verirrung eines vom Fensterseitenteil abgelenkten Luftstroms - ein Stück Wind, der das außen verspiegelte Innere des meinen Alltag bestimmenden Gebäudes erforschen wollte - senkte den Luftdruck über ihnen gerade lange genug ab, damit sie sich aus ihrer schicksalsbestimmten Lagerordnung erheben konnten, um den Wind auf seiner kurzen Büroinspektion zu begleiten und dann - gewissermaßen per Anhalter - ein Stück von ihm mitgenommen zu werden, lange genug, um dank ihm den Weg zum Fenster, und hinaus, in die Welt zu finden.
Meine Nachschau blieb erfolglos.
Möge ihre Reise niemals enden.
 

  Wieder Sehnsucht.
Schön.
 

 14:44:44

Aus irgend einem Grund schaue ich heute zum ersten Mal auf die kleine Uhr am rechten Bildschirmrand und sehe dort die seltsame Zahl 14:44:44. Genau in diesem Moment drückt jemand, der gerade am Schaltpult des Universums sitzt, auf den Zeitlupenknopf.
Ich starre also unbewegt auf diese Zahl und warte, dass der Sekundenzähler weiter springt.
Aber er springt nicht.
14:44:44.
Die Zeit steht, und plötzlich fließen alle – wirklich alle – innerhalb dieser Sekunde geschehenden und zu unendlicher Langsamkeit geronnenen Ereignisse durch mein Bewusstsein, das scheinbar als einziges von der Zeitlupe ausgenommen ist.
Und dieses Verharren nimmt kein Ende, als wäre der Fluss zwischen Vergangenheit und Zukunft unterbrochen und alles ist nur mehr reine Gegenwart.
Bis ich mich von dieser Zahl losreiße und noch einmal dort hin schaue:
14:44:45.
Und die Zeit fließt wieder.

 

  Es ist vielleicht die wichtigste Aufgabe unserer gegenwärtigen Zivilisation, aus Informationen Wissen zu machen und dieses Wissen weise zu verwenden.
 

  Die Bitterkeit des unteren Endes
der Nahrungskette tritt in mein Bewusstsein,
während sich ein in Plastik verschweißtes Tripel
von in ihrem eigenen Saft
schwimmenden Rind/Schwein-Frankfurtern
in meiner Mikrowelle
auf sein kurz bevor stehendes
Ende vorbereitet.


 

  Dieser Tag begann mit der ebenso plötzlichen
wie tiefgreifenden Erkenntnis,
dass Reinkarnationsgläubige grundsätzlich damit rechnen müssen,
auch als Zahnpastatube wiedergeboren werden zu können.

Glückliche, die in die Hände eines Vertreters
der seltenen Spezies der
Zweimaltäglichzähneputzer gelangen,
leiden nur relativ kurz
und haben schon bald wieder die Chance
auf eine neue Wiedergeburt.

Zum Beispiel als Zahnputzbecher.
Oder als Auswurftaste eines CD-Laufwerks.
Unsere Zivilisation bietet viele Möglichkeiten.

Weniger Glückliche landen in meinem Badezimmer.
Und müssen sich mit dem Martyrium
eines nie enden wollenden Zustands
des Teilausgedrücktseins abfinden.
Zeig mir deine Tube
und ich sage dir, wer du bist.


 

  Windgebrochene Stille,
wache, in die Weite lauschende Erwartung,
ewiger Moment.

 

  Langsam entweicht die Kälte der herannahenden
Allerheiligennacht dem hinter mir
liegenden Waldrand und zeugt vom Schwinden
dieses viel zu warmen Oktobers.
Gelbes Licht
taucht die Welt in ein Bild
aus stillen Farben und erinnert an die
Endgültigkeit des Herbstes.
Ein Hügel, dessen Oberfläche vom Goldbraun
der ihn bedeckenden Buchen bestimmt ist,
gezeichnet von allen Schattierungen
zwischen Erdbraun und Dunkelgelb,
weist den Weg zum noch hellblauen
Horizont.
Wolken, wie riesige Walskelette,
fließen der untergehenden Sonne
entgegen, als hätte das Ende
dieses Tages ein vorbestimmtes,
ein unausweichliches Ziel,
das alle kennen, außer ich selbst.
Als Zuschauer eines nicht verstandenen
Schauspiels warte ich, bis
die Walskelette mit dem Horizont
verschmelzen und Dunkelheit
von der Welt Besitz ergreift.

 

  Diffuses Licht über dunkelgrünem Herbstgras,
ein Weg, der sich sanft an einen Hügel schmiegt,
und der am Horizont liegende Rand
eines vom Oktobernebel
halb verhangenen Fichtenwaldes,
verschmelzen zu einem Bild
aus Unvergänglichkeit und Ruhe.
Die flache Hand auf dem feuchten Gras
fühlt
Benetzung und Kälte,


Verbundenheit mit dem,
was der Boden der Luft entzogen hat,
und Nähe zur Stille
des ewigen Wandels der Elemente;
Feuer erhitzt Wasser und verdampft es
in die Luft, aus der es wieder zurück
in die Erde gebracht wird.
Eine Ahnung herannahender Kopfschmerzen
legt sich wie ein schwerer, schwarzer Stoff
über das Empfinden
und rückt den Blick wieder näher zum Ich.
Im Nebel ist alles Leiden dumpf.

 

 Gibts ja nicht!

Ich stolpere also über ein Inserat, das den Kauf des neuen Mens Health nahezulegen versucht, und halte dieses Heft nach dem Studium der Inhalts-Highlights zunächst für ein Satiremagazin.
Da steht wörtlich:
Arme wie Tarzan – das Helden-Workout:
Wann ist ein Mann ein Held? Wenn er immer mutig zupacken und seine Jane beschützen kann. Dieses Workout macht Sie so stark wie Tarzan.
Dicht gefolgt von:
Spermatest:
Sie haben alles versucht. Seit Wochen Sex, Sex, Sex. Aber sie wird nicht schwanger. Ist vielleicht mit Ihrem Sperma etwas nicht okay?

Und dann noch:
Multitasking beim Sex :
Wenn Sie einmal etwas anderes als Sex im Kopf haben, lassen Sie die Kleine einfach machen.
Das alles wird dann getoppt von:
Permanent-Make-up:
Sind Sie mit Ihrem Gesicht unzufrieden? Waschen Sie sich. Es gefällt Ihnen immer noch nicht? Probieren Sie’s mit Permanent-Make-up. Damit lassen sich...
Nein, es ist kein Satiremagazin.
Sondern ernst gemeint und überaus auflagenstark.
Da frag ich mich, ob sich Frauen auch so unendlich weit von Frauenmagazinen entfernt fühlen können, wie ich es als Mann von Mens Health bin.
Eigentlich kaum vorstellbar.

... Link


So sieht er also aus:

der Malblock für Linkshänder. Und es gibt natürlich auch seriöse Erklärungen für seine Existenz. Irgend welche Ideen?

... Link


Das Schöne an Windows

ist doch immer wieder die Möglichkeit (jedenfalls seit Windows 2000), sich jederzeit entscheiden zu können, ob man sich nur kurz "abmeldet", ein kurzen "Standby"-Kaffee einnimmt, oder in den wohlverdienten "Ruhezustand" eintritt. Wunderbar, dieses Wort. Fast wie "Winterschlaf".

... Link


 
Online seit 8197 Tagen
Aktualisiert: 07.04.20, 11:16
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