Donnerstag, 30. Januar 2003

Bush als Umweltapostel?

Wenn man die Rede "zur Lage der Nation" von G.W.Bush im Originalwortlaut liest, finden sich hoch interessante Details. Der Irak ist da nur ein Thema unter vielen. Es gibt da zum Beispiel den Umweltschutz. Innerhalb der nächsten 15 Jahre werden alle US-Fabriken per Gesetz gezwungen, ihren Schadstoffaustausch um 70% zu reduzieren. Hinzu kommen umfangreiche, mit sehr viel staatlichem Geld unterstützte Programme zu den Themen Energiesparmaßnahmen, Recycling, alternative Energien, Schutz der Wälder und - man lese und staune - Förderung privater Kleinkraftwerke.

Weit reichende Folgen dürfte die mit $ 1,2 Mrd. dotierte Förderung der Entwicklung von Fahrzeugen mit Brennstoffzellen haben. Bush hat hier einen klaren Impuls Richtung Automobilindustrie gesetzt, indem er sagt: Leute, Brennstoffzellen sind eine gute Sache. Sie sind umweltfreundlich und Amerika kann mit ihrer Hilfe energetisch unabhängig werden. Also macht was draus, und zwar rasch.

Auch wenn es Bush wahrscheinlich nur um die energetische Unabhängigkeit geht, wird dieser Schritt zweifellos eine raschere Verbreitung von Brennstoffzellen zur Folge haben, was der Welt sehr, sehr viel fossiles CO2 in der Atmosphäre erspart. Der Witz dabei ist, dass Bush zwar das Kyoto-Abkommen nicht unterzeichnet, dessen Forderungen jetzt aber vor dem Hintergrund der Irak-Krise im Wesentlichen doch durchsetzt. Und speziell der Impuls Richtung Brennstoffzelle kann langfristig viel mehr bewirken als die Kyoto-Initiatoren je zu hoffen gewagt hätten. Aber nicht genug damit, denn Bush präsentiert sich auch als Retter von Afrika: er will dem Kongress einen Plan vorlegen, der innerhalb der nächsten 5 Jahre $ 15 Mrd. in die afrikanische AIDS-Hilfe pumpen soll. Damit will er möglichst jedem HIV-positvem Patienten in Afrika und der Karibik die gleiche medikamentöse Behandlung zusichern, wie in der westlichen Welt. Er kommentiert das mit den Worten "selten hat die Geschichte eine größere Möglichkeit eröffnet, so viel für so Viele zu tun".

Keine Frage: wenn dieser Plan umgesetzt wird, ist das ein beispielloser Akt humanistischer Gesinnung. Eben diese humanistische Gesinnung ist es, die sich durch fast den gesamten Text dieser Rede zieht. Denn im eigenen Land soll noch viel mehr geschehen. Eine grundlegende Reform des Gesundheitssystems, ein intelligentes Vorbeuge- und Betreuungsprogramm im Suchtbereich, die Förderung ehrenamtlicher Hilfseinrichtungen, etc, etc. Und natürlich Steuererleichterungen.

Durchwegs humanistisch, aber wie gesagt, fast. Denn beim Terror, da kennt G.W.Bush kein Pardon. Es wird sicherer, dieses Amerika. Und enger. Und die Irakis sollen ihren Feind nicht rund um ihr Land suchen, sondern an der Spitze ihres eigenen Landes. Und der Tag der Entfernung dieser Spitze und seines Regimes wird der Tag ihrer Befreiung werden. Und dann wird es endlich Demokratie geben, im Irak. Und Selbstbestimmung. Und Freiheit. G.W.Bush glaubt, genau zu wissen, was Gut und was Böse ist. Und er glaubt, dass er jenen, die unter dem Bösen leben, das Gute bringen kann. Und er ist von der Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit seiner Mission absolut überzeugt. Und genau das ist, meine ich, das Problem.

 
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Aktualisiert: 07.04.20, 11:16
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