Donnerstag, 2. Juni 2011

To chill or not to chill

Bis vor Kurzem hatte ich für den heutigen Tag ein ganz besonders dichtes Erledigungsprogramm. Zahlreiche Kleinigkeiten, die ich seit viel zu langer Zeit in meinem Rucksack mit den Aufschiebbarkeiten herumtrage und die bereits allmählich begonnen haben, meinen Rücken zu beugen und das lockere Voranschreiten angesichts ihres Gewichts einzuschränken, standen auf der Liste.

Nicht ohne Grund, denn dieser Tag war bis auf den Abend ohne Programm und aus irgendeinem Grund wollten auch die üblicherweise Arbeit verheißenden Leute nichts von mir wissen.

Nunja, wirklich verdächtig war, dass die sonst ab 7 Uhr mit ihren Presslufthämmern neben meinem Schlafzimmerfenster auf sich aufmerksam machende Baustelle ruhig blieb. Ein Blick ins Netz offenbarte, was mein rudimentärer Kalender verschwieg: Der 2. Juni ist 2011 ein Feiertag.

Das ist schön, wenn man Katholik ist und diesen Tag dazu nutzt, um bei einem Kirchgang Christi Himmelfahrt zu feiern. Gut 1 % der Bevölkerung macht das auch so. Die übrigen 99 % hingegen haben solche Tage schon mindestens ein halbes Jahr vorher wie der Falke ein flüchtendes Kaninchen ins Auge gefasst und stürzen sich mit tödlicher Sicherheit auf dieses wertvollste aller Güter in der Welt der Pflichtarbeiter: den Fenstertag.

Der Fenstertag gilt wie ein unverhofftes Geschenk, fast wie ein vergessener und in der Jackentasche plötzlich wiederentdeckter Lottoschein inklusive Gewinngarantie. Denn er bringt am Stück 4 Tage ohne Arbeit, eine Erlösung von der Sklaverei, die es sonst nur in der sakrosankten Urlaubszeit gibt.

Aus diesem Grund liegt während dieser 4 Tage das ganze Land wie erstarrt und bar jeglicher Produktivität da, denn so gut wie niemand kommt während dieser Zeit auf die Idee, seiner Arbeit nachzukommen. Ausgenommen sind nur jene Berufsgruppen, in denen die Nutzung eines Fenstertages einer Kündigung gleichkommt, insbesondere also das Gastgewerbe und die Tourismusindustrie. Und natürlich die Freizeitindustrie, denn irgendjemand muss sich ja um die Heerscharen Erholungs- und Vergnügungssüchtiger kümmern.

Es ist sehr still an diesem Donnerstag. Ein wunderbarer Tag, um endlich in Ruhe arbeiten zu können.

 
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Aktualisiert: 07.04.20, 11:16
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