Dienstag, 27. September 2005

Tierschutz

Als jemand, der sich nicht dezidiert zur Gruppe der Tierschützer zählt, pflege ich doch einen gewissen Hang zu einem möglichst gewaltfreien und auf Achtung beruhenden Umgang mit dem Leben, das mich im Alltag so umgibt. Bei genauerer Betrachtung geht diese Haltung sogar so weit, dass man mich wohl als einen Vertreter der "tut keiner Fliege etwas zu Leide"-Gattung bezeichnen würde.

Tatsächlich vermeide ich das absichtliche Erschlagen von Insekten in nahezu 100% aller möglichen Fälle, auch dann, wenn sie mir besonders lästig sind (etwa eine beharrliche Fliege vor dem Monitor). Aber Sie ahnen es schon: die Worte "absichtlich" und "nahezu" lassen Hintertüren offen.

Konkret zählen Gelsen innerhalb von Wohnräumen zu jener Spezies, die ab einem gewissen Grad ihrer Angriffslust zu meinen Ausnahmen zählen - so ich nicht gerade schlafe. Nun habe ich aber gerade eben etwas getan, das ansonsten durchaus zur täglichen Routine zählt, im konkreten Fall aber eine neue Grenzüberschreitung darstellt: Während der warmen Jahreszeit finden sich in meinem Wohnumfeld durch die Nähe zu einem wild begrünten Innenhof vor allem Abends immer wieder verschiedenste Insekten und Spinnen, die von mir stets mit Hilfe eines übergestülpten Glases und eines vorsichtig darunter geschobenen Blatt Papiers nach draußen befördert werden. Selbst Asseln oder Silberfischchen erhalten von mir auf diese Art unbeschadet eine Gratisfahrkarte hinaus ins Grüne.

Aber es kommt schlimmer, denn heute Nacht habe ich mich dabei ertappt, wie ich ein überdurchschnittlich großes Exemplar einer Gelse - gerade an einer weißen Wand verweilend - mit eben dieser Methode hinaus befördert habe, anstatt die Gelegenheit zu nutzen und ihr mit einem Schlag den Garaus zu machen. Das stimmt mich schon nachdenklich. Weil wo ist die Grenze? Bei Bakterien? Oder doch erst bei Viren?

In der Praxis bleibt dieser tierfreundliche Ansatz trotzdem höchst relativ, denn spätestens, wenn ich das nächste Mal mit meinem Motorrad durch die Landschaft brause, zerschmettere ich mehr Insekten an meinem Helmvisier, als ich in einem ganzen Jahr vorsichtigst aus meiner Wohnung trage. Der einzige kleine Trost dabei ist, dass ein Auto durch seinen höheren Wirkungsquerschnitt ein noch wesentlich üblerer Insektenkiller ist. Hm, ich sollte mehr mit dem Fahrrad fahren...

 
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Aktualisiert: 07.04.20, 11:16
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